Die Hertha aus Berlin verkauft sich über Lidl
Die Marketingabteilung denkt sich sicher, dass sie da einen Megacoup gelandet haben. Viele Fans denken an Ramsch und ich denke sofort an vergleichbare Aktionen der Bahn. Die Rede ist von einer Aktion des Berliner Hauptstadtclubs. Der hat zwar ein großes Stadion, aber nicht gerade oft eine ausverkaufte Hütte. Aber genau das bräuchte man in der jetztigen Situation, als Tabellenletzter könnte sich die Mannschaft vor vielen Zuschauern und mit guter Stimmung in einen Rausch spielen und so einen großen Schritt Richtung Richtung Klassenerhalt machen. Ja, es geht um viel in Berlin, man braucht die 1. Bundesliga nicht nur weil man gerne ganz oben spielen will sondern auch wegen der deutlich größeren Einnahmen, die man hier erzielen kann. Finanziell ist man nun mal nicht gerade auf Rosen gebettet, um das ganze mal etwas blumig auszudrücken…
Um also das große Ziel Klassenerhalt noch zu schaffen, kooperiert man jetzt mit dem Discounter Lidl und verkauft dort sogenannte Ticketgutscheine. Für die beiden Heimspiele gegen die direkten Abstiegskonkurrenten Borussia Mönchengladbach und dem VfL Bochum bietet Lidl 10.000 dieser Ticketgutscheine für nur je 9,99 Euro an. Die Gutscheine müssen jedoch noch vor dem Spieltag (am Spieltag selber ist das nicht mehr möglich!) in der Geschäftsstelle oder in einem der Hertha BSC Fanshops gegen ein richtiges Ticket umgetauscht werden, was sich Kritiker, Spötter und Neider als Angriffspunkt herausnehmen. Wieso muss man die Tickets noch vorher eintauschen? Das ist doch nur ein erhöhter Verwaltungsaufwand? Man will doch damit sicher nur Fans in die Fanshops locken und ihnen dort noch irgendein Fanutensil zusätzlich aufdrücken. Ja, klar will man das, aber so funktioniert nun mal Marketing. Aber lasst euch eines gesagt sein, es muss ja niemand etwas kaufen, man kann immer noch jeder seine eigene Entscheidung treffen.
Wir sind immer auf der Suche nach attraktiven Angeboten für unsere Kunden. (Petra Trabert, Pressesprecherin von Lidl, in der Morgenpost Online)
Die Aktion läuft noch bis zum 29. Januar 2010 in allen Lidl-Supermärkten in Berlin. Einlösen kann man die Gutscheine nicht für alle Blöcke, soweit ich das jetzt gehört habe, darf man damit nur in die Blöcke K,L,M,N,O,P und in den Oberring 24,24,29,39. Also ein wenig eingeschränkt seid ihr mit dem Ticket, aber dafür kann ich euch sagen, dass Tickets für einen dieser Bereiche eigentlich deutlich mehr kosten. Sozusagen ist das Angebot also ein Schnäppchen und wer weiß vielleicht findet ihr ja Gefallen an dem Platz und werdet anschließend dort Stammgast (für den regulären Preis).
In Berlin kennt man solche Aktionen schon. In den letzten Jahren gab es bei Lidl bereits Karten für den Eishockeyverein Eisbären Berlin, für den Basketballverein Alba Berlin oder auch für die Leichtathletik-WM 2009. Mit allen Aktionen hatte man Erfolg und hofft natürlich, dass der letzte Platz der Hertha die Zuschauer bzw. die potentiellen Käufer nicht abschrecken wird. Im letzten Jahr gab es eine fast identische Aktion bei damals abstiegsbedrohten Klub Hannover 96. Die Aktion war überaus erfolgreich, die Fans strömten ins Stadion und am Ende der Saison hatten die Hannoveraner mit dem Abstieg wahrlich nichts mehr zu tun. Und im Jahr 2005 hatte sogar die Hertha selbst in einer Weihnachtsaktion genau das Gleiche versucht. Damals stand man in der Tabelle besser da, aber die Zuschauer wollten einfach nicht kommen. Ob die damalige Aktion eine langanhaltende Auswirkung auf die Zuschauerzahlen hatte, muss hier mal offen bleiben. Nur so viel, ausverkauft ist das Olympiastadion in Berlin nur in den allerseltesten Fällen, das hat sich auch nach 2005 nicht geändert.
Nun, was aber will man mit der Aktion erreichen? Mehr neue Zuschauer gewinnen? Mit dem Lidl-Käufer vielleicht neue Zielgruppen ansprechen? Oder will man ohne eine große Freikartenaktion nur möglichst viele Zuschauer für die nächsten schweren Abstiegsendspiele zur Unterstützung der Mannschaft mobilisieren? Vielleicht ist es auch einfach nur ein Marketing-Gag und die Verantwortlichen lachen sich jetzt schon vor dem Start der Aktion ins Fäustchen, weil halb Deutschland über die Hertha und ihre schräge Discounter-Aktion berichtet und diskutiert? Eigentlich ist das aber auch ziemlich wurscht, als Fan würde ich mich jetzt über eine billige Eintrittskarte, als Lidl-Besitzer würde ich mich über den Extraumsatz und als Hertha-Boss über ein nicht ganz so leeres Stadion erfreuen. Ich persönlich kann mit der Aktion jetzt nicht wirklich viel anfangen, da es hier in Bayern so etwas in der Art noch nicht gab. Tickets über Lidl, Aldi & Co. werden hier sicher aber auch irgendwann verkauft werden, aber bis es soweit ist kann ich das nur aus der Ferne betrachten.
Ein bayerischer Fussballklub, der Eintrittskarten über Lidl oder Aldi verkauft? Das wäre mal was neues eigentlich doch ganz passend für den TSV 1860 München. Die haben auch immer Probleme das Stadion voll zu bekommen, wieso sollte man das mal nicht probieren. Besser ein volles Stadion für wenig Einnahmen als ein leeres Stadion ohne Einahmen…
Quelle: www.herthabsc.de